Verantwortung übernehmen: Wer vertritt wen und wie?
Einblick in den Workshop für Interessenvertretungen
Von Anna Steinkamp und Helge-Björn Meyer
Legitimität, Beteiligung und Ressourcen sind zentrale Voraussetzungen – ergänzt durch Gestaltungskompetenz, Kooperation und Strukturförderung. Ein Plädoyer für starke, agile Organisationen in der Freien Szene, so fassten Anna Steinkamp und Helge-Björn Meyer den Workshop für Interessenvertretungen beim BUNDESTREFFEN25 zusammen.
Ansatzpunkt eins: Legitimierung.
Wer geteilte Interessen vertritt, sollte dafür legitimiert sein: formal, sozial oder auch normativ. Wir haben gelernt, dass dies ein Prozess ist. Wir kennen diesen Prozess. Wir wissen, dass dieser Prozess ein dauerhafter Job ist. Wir haben auch erfahren, dass dieser Prozess die Arbeit auch erleichtern kann. Denn Legitimität bringt unsere Arbeit in Einklang mit den Interessen derjenigen, die wir vertreten. Ein gut legitimierter Verband, Förderer oder Interessensvertreter fördert Stabilität und Vertrauen innerhalb der Mitgliedschaft der Szene und letztendlich auch in der Gesellschaft.
Ansatzpunkt zwei: Beteiligung.
Für diesen Prozess der Legitimierung braucht es Beteiligung. Beteiligung auf Augenhöhe und mit Transparenz sowie mit entsprechender Moderationskompetenz für diesen Beteiligungsprozess. Beteiligung auch an Privilegien, also Privilegien als Verantwortung verstanden, auch diejenigen zu beteiligen, die marginalisiert sind. Beteiligung an Kulturpolitik – zum Beispiel durch Engagement und Übernahme von politischen Ämtern. Und Beteiligung, und dies ist ein expliziter Wunsch aus unserem Workshop, Beteiligung an der Entwicklung und Gestaltung von Bundeskulturförderprogrammen, um so auch Perspektiven aus der Fläche, aus allen Regionen Deutschlands einzubringen.
Ansatzpunkt drei: Ressourcen.
Interessenvertretungen, Verbände, Förderer etc. brauchen Ressourcen, neben kompetenten Menschen brauchen Interessensvertretung eine genügende Förderung. Wir der BFDK, aber nicht nur wir, das hat der Workshop ganz klar gezeigt, haben in den letzten zehn Jahren einen rasant gewachsenen Aufgabenumfang erlebt. Wir konnten diesen in den letzten fünf Jahren erfolgreich bewältigen, dank unseres Strukturförderprogramms „Verbindungen fördern“. Diese Modellförderung des Bundes des BKMs läuft Ende dieses Jahres aus. Daher ist eine Aufstockung unserer Geschäftsstellenförderung, die wir dankenswerterweise bereits seit 2011 haben, dringend notwendig, um weiterhin Künstler*innen der Szene, der Politik und auch der Verwaltung als kompetenter Ansprechpartner zur Seite zu stehen.
Ansatzpunkt vier: Gestaltungskompetenz und Agilität.
Die Verbändelandschaft muss sich einerseits den Transformationsthemen wie u.a. Digitalisierung, KI, Generationswechsel stellen und steht andererseits den steigenden Erwartungen an gesellschaftliche Relevanz gegenüber. Organisationen bewegen sich zwischen Stabilität und Veränderungsdruck, zwischen inneren Legitimierungsprozessen und äußerer Anerkennung, zwischen Finanzierungszwängen und neuen Partizipationsformen. Wer diese Spannungsfelder bewusst gestaltet und seine Governance flexibel gestaltet, seinen Anspruch klar formuliert und positioniert, kann auch künftig tragfähig bleiben, nicht als starre Institution, sondern als lernende, lebendige Organisation im Dienst der Mitglieder und der Gesellschaft.
Ansatzpunkt fünf: Kooperation
Interessenvertretungen sind stark herausgefordert. Sie leiden an Ressourcenknappheit und damit verbundener geringerer Durchschlagskraft. Verbindlichkeit, Kontinuität, Wissen – und das meint Fachwissen, Strukturwissen, aber auch politisches Wissen – können Orientierung geben, durch ein gemeinsames Vorgehen mit Gleichgesinnten, durch Kooperation mit agilen Strukturen, zum Beispiel Netzwerken, Bündnissen, Vereinigungen. Es braucht neue Allianzen, auch für Neues und für mehr Wissen.
Ansatzpunkt sechs: Strukturförderung.
Kooperationsfähigkeit, die Netzwerkarbeit ermöglicht, sind Grundlage für Wissenstransfer, Qualifizierung, Sichtbarkeit. Durch Strukturförderung werden Ungleichgewichte in und zwischen Regionen, Organisationen, Berufsgruppen, Sparten und Ähnliches behoben. Sie ermöglicht nachhaltige Entwicklung und die Professionalisierung von Akteur*innen unserer Szene. Dies hat unser Modellprojekt „Verbindungen fördern“ in den letzten fünf Jahren gezeigt. Deshalb setzen wir uns nachdrücklich für die Schaffung von entsprechenden Förderinstrumenten ein und fordern ein Transferjahr, in dem wir partnerschaftlich mit dem Fonds Darstellende Künste eine entsprechende Programmlinie entwickeln wollen.
Das BUNDESTREFFEN25 stellte in Kooperation mit starken Partner*innen einzelnen Gruppen geschlossene Räume zur vertieften Reflexion bereit. In dem hier veröffentlichten Statement fassten Anna Steinkamp und Helge-Björn Meyer die Ergebnisse des Workshops "Verantwortung übernehmen: Wer vertritt wen und wie?" für Interessensvertreter*innen (ausgerichtet vom Bundesverband Freie Darstellende Künste) am Ende des zweiten Veranstaltungstages zusammen.