Residenzen Einzelkünstler*innen: flausen+ (Okt 2021)

Date of the jury meeting: 12 October 2021

Projects funded: 20

Wie wird ein weiblicher Körper gefährlich? Welche Faktoren gehören dazu: Stimme, Masse, Kampftechnik? Kann er überhaupt als gefährlich wahrgenommen werden? Oder nur als hysterisch, lächerlich oder gar cis-Männern nacheifernd? Wer oder was macht Frauen* wütend? Warum erlauben die Gesellschaft und Frauen* sich selbst nicht, wütend, laut, anstrengend zu werden? Raum einzunehmen?

Eine merkwürdige Maskenfigur spielt mit den Spaghettihaaren einer Barbie. Wer ist sie, warum ist sie hier und was ist ihre Aufgabe in dieser Welt? Im Rahmen ihrer Residenz sucht Chaudon nach Antworten in der Mythologie, in Geschichten und alten Sagen, forscht mit Teigwaren und deren Zubereitung in außergewöhnlichen Bühnenräumen und hinterfragt die Frauenbilder und Schönheitsideale der Menschheit.

Seit der Industrialisierung braucht die deutsche Wirtschaft Arbeitskräfte aus anderen Ländern. Schwarze Menschen aus den Kolonien, KZ-Häftlinge, Prostituierte aus Osteuropa, ... wer profitiert(e) von ihrer Arbeit? Welche Kontinuitäten im Umgang mit Menschen, die als "fremd" markiert werden, gibt es bis heute? Diesen und anderen Fragen geht Angela Kobelt in ihrer Arbeit nach.

Das Rechercheprojekt beschäftigte sich mit der Erforschung mentaler Zustände, die durch unterschiedlichen Tanzpraktiken und choreographische Ansätze entstehen. Der Fokus lag auf der Erforschung innerer Zustände verschiedener Bewegungspraktiken (mit Hilfe eines EEG-Geräts), und wie diese mit Hilfe von Technologie in andere Medien übersetzt werden können.

In seiner Recherche reizt Lutz Großmann die Grenzen des Solo-Handpuppenspiels aus und verschiebt diese. Was, wenn die Hände selbst zu Puppen werden? Und was erzählen uns diese - trotz weniger Text und mehr Leerstellen? Unserem digitalen Zeitalter der „Handvergessenheit“ (Jochen Hörisch) soll hier eine analoge künstlerische Handarbeit entgegengesetzt werden.

Joana Kern möchte sich mit der Entwicklung von Figuren im Tanz beschäftigen. Wie lassen sich tänzerisch Geschichten erzählen? Inspirationsquellen ihrer Recherche sind ein literarischer Text und Träume, Referenzen der indische Kathaktanz und Tänze afrikanischen Ursprungs. Methodisch steht die Auseinandersetzung mit "Storytelling" im Mittelpunkt - mit einem besonderen Blick auf die urbanen Tänze.

In „Humboldtgips“ erforscht Antonio Cerezo das alltägliche Material Gips und beschäftigt sich mit den hochkomplexen Beziehungen zwischen Europa/Deutschland und Lateinamerika, mit Humboldt, dem „Entdecker“ und mit einem System, das eine Welt benannte, die schon Namen hatte. Gips und der Körper des Performers werden in szenischen Experimenten einen utopischen, erweiterten Körper erschaffen.

Ein Körper und (s)ein Raum. Ein Raum und (s)ein Körper. ‘Im Zwiegespräch‘ ist ein PingPong zwischen einem menschlichen Körper und einem variablen, klappbaren Raum. Wer beeinflusst hier wen auf welche Weise, und welche Auswirkungen hat das Ganze darüber hinaus? Clara Palau y Herrero gibt in ihrer Recherche diesem Zwiegespräch Raum.

Titel: Jacob Pins - ein künstlerischer Annäherungsversuch Recherche zur Biografie des jüdischen Malers und Grafikers Jacob Pins, dessen Geburtsort Höxter seinen Nachlass verwaltet. Es geht besonders um die Jahre, die er ab 1936 im damaligen Palästina verbrachte. Es wird der Frage nachgegangen, wie er sich wieder für Kontakte in seine Heimat öffnen und als Künstler etablieren konnte.

In der LATE NIGHT Talk Show erleben zwei Publikums das gleiche Geschehen, nur aus komplett verschiedenen Entfernungen, eins im Studio, das andere vorm Bildschirm. Was steckt eigentlich noch in diesem hybriden Late-Night Unterhaltungsformat? Eine Rahmung für theatralische Inhalte? Die Wort „Sprechtheater“ ist in deutschen Kulturbehörden nicht fremd und mit dem Begriff „Talk Show“ eng verwandt.

Sven Niemeyer widmet sich in seiner Residenz der Umsetzung von literarischen Gattungen in Körperlichkeit und dem darstellerischen Unterschied zwischen Bühne und Kamera.

In MORE UNRESOLVED ISSUES lotet sie die Grenzen des Körpers im virtuellen Raum mittels Motion Capture aus und setzt sich mit VR Erlebnisräumen auseinander. Wo liegen die Grenzen eines digitalen Körpers? Welche bestehenden virtuellen Räume können wir für den Tanz gewinnen? Welche müssen wir kreieren? Damit vertieft sie ihre Forschung im Themenkomplex Tanz & Digitalität.

Ausgehend von Interviews mit Protagonisten von 89/90 in Ost und West fragt M. Melzer ob es in den (linken) pol. Kämpfen für einen Neuanfang zwischen der Generation damals und den Menschen die heute für Veränderung eintreten Linien zu finden sind die sie verbindet. Können beide Generationen in einen akustischen Dialog treten? Wo lässt sich anknüpfen? Wie voneinander lernen? Gibt es was zu erben?

Ihr individuelles Erleben sich in der Sprache ihres dänischen Vaters fremd zu fühlen, motiviert TLR zu einer künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Thema Verlust der Mehrsprachigkeit in multinationalen Familien. In ihrer angestrebten Recherche möchte sie mittels Theorierecherchen und Interviews zum Thema Formatideen für die eigene künstlerische Praxis als auch für die Vermittlung entwickeln.

Das Projekt soll an der Recherche anknüpfen, die die Künstlerin vor einem Jahr im Internet machte. Die anonyme Rede, die sie entdeckte, nannte sie "Rede des Unaussprechlichen". Inmitten der tektonischen Verschiebungen, die im Internet die Norm sind, wird endlos diskutiert. Jetzt soll ein umfassenderes Bild dieser Diskussion entstehen und möglicherweise zur Basis für eine Theaterarbeit werden.

Jazzmin Tutum setzt sich in der Residenz mit ihrer eigenen Bühnenstimme auseinander, mit der sie die dauerhafte Vision möglicher Veränderungen verbindet. Sie recherchiert choreografische Strategien, die zum Verständnis von Live-Performance mit Stimme und Poesie, von Improvisationsperformance, einem konstruktiven transkulturellen Diskurs und dem Geschichtenerzählen beitragen.

Der Regisseur Thomas Dannemann recherchiert über die Zusammenhänge zwischen dem Erodieren von Konsenserzählungen innerhalb moderner westlicher Gesellschaften sowie der Erosion ihres nach außen gerichteten globalen Herrschaftsanspruches durch die "westlichen Demokratie-Erzählung" und und den daraus erwachsenden geopolitischen Folgen und schreibt anhand dessen ein Theaterstück.

Die in Münster ansässige Theatermacherin Anne Keller (RUE OBSCURE) erarbeitet im Hamburger theatralen Produktions- und Bildungszentrums Wiese eG ein Konzept für eine begehbare Videoinstallation, die sich mit Fragen zum Thema Wissen und Geheimnis im virtuellen Zeitalter beschäftigt. Neben der inhaltlichen Recherche soll es auch um die Erweiterung des überregionalen Netzwerkes gehen.

Der Alltag der Wohnungslosen. Welche Wege gehen sie? Wie schützen sie ihr Eigentum, den Platz zum Übernachten? In welcher speziellen Notlage sind Drogen - und Alkoholabhängige unter ihnen? Wie sieht ein Tag mit Flaschensammeln aus? Die während der Residenz gemachten Erfahrungen, Eindrücke, inneren Bilder werden in szenisch-choreografisches Material und einen Gestenkanon verarbeitet.

Wunderkammer 8 Wochen auf der Suche nach den kreativen Aha-Momenten, die aus dem Unbewußten entstehen. Was kommt dabei heraus? Alles ist offen. Eine Sammlung aus dem „Nichts“ entstandener „Produkte“, die in einer Wunderkammer einen Blick in den Mikrokosmos eines künstlerischen Ichs erlauben, das nichts sagen will, und doch etwas sagt. Sinn entsteht erst im Moment der Betrachtung von außen..