Projektförderung (Nov 2018)

Datum der Jurysitzung: 05. Dezember 2018

Geförderte Vorhaben: 17

Die Video- und Performancearbeit abandoned positions von Sebastian Hirn und Lisa Hörstmann  setzt sich mit dem Irakkrieg und dessen Folgen für die Region und Europa auseinander. Durch die Montage von Dokumentationen, Ton- und Interviewsequenzen, die 2003-2018 mit Friedensaktivisten, Exilirakern und US- Soldaten aufgezeichnet wurden, gibt die Arbeit denjenigen eine Stimme, die in der Berichterstattung sonst Gehör finden oder vorverurteilt werden.

Aesthetics of Color ist ein Stück von Kultursprünge im Ballhaus Naunynstraße über die Situation von Künstler*innen of Color in einem weiß dominierten deutschen Kunstbetrieb, eine Fiktion, die auf konkreten Lebensrealitäten beruht. Welche Regeln der Repräsentation und Teilhabe beherrschen den Kunstmarkt und wie wirken sie sich auf die Ausdrucks- und Handlungsmöglichkeiten Schwarzer und POC-Künstler*innen aus?

Bodies and Structure ist eine Arbeit der Düsseldorfer Choreografin Alexandra Waierstall mit zehn Performer*innen für Bühnen- und Museumsräume. Die Körper und Strukturen werden dabei als sich verändernder Organismus entwickelt, der unendliche Sichtweisen auf das Verhältnis von Raum und Zeit, von Körper und Struktur bis hin zu Gesellschaft und Struktur in ihrer Komplexität und Poetik eröffnet.

Das Vermächtnis ist getanzte Expertise und ein autobiografisches, existenzielles und physisches Vermächtnis von Raphael Hillebrand für seine Tochter und ihre Generation mit dem Versuch, die eigene Lebenserfahrung als schwarzer deutscher Künstler, aufgewachsen im West-Berlin der 1980er Jahre, in eine Form zu bringen, um zu zeigen, dass diese Stadt, dieses Land eines Tages auch ihr gehören wird, der rechtspopulistischen Gefahr zum Trotz.

DAMENGEDECK ist eine von Liliane Koch und Ruby Behrmann entwickelte performative Führung durch das GDA Wohnstift Frankfurt angeleitet von über-80-jährigen Bewohnerinnen. Auf diesem Rundgang vermischen sich Alltag und Fiktion, Pflegeheim-Atmosphäre und szenografische Eingriffe. Die Damen erzählen Anekdoten, während ihre Kostüme, Gehhilfen und Blutdruckmesser die SciFi-Ästhetik zuspitzen und aus fragilen Omas Superheldinnen machen.

Johannes Müller und Philine Rinnert suchen nach einem vergessenen Werk deutscher Fluchtgeschichte: Jimmy Bergs' Das Weiße Rößl am Central Park – In schlechtem Deutsch und ebensolchem Englisch, das im New Yorker Emigranten-Treffpunkt Café Vienna gespielt wurde. Damit begeben sie sich in einen Assoziationsraum aus Heimatklischees, Fluchterfahrung und der utopischen Neuerfindung nationaler Identitäten.

Es waren einmal zwei Brüder, Jacob und Wilhelm Grimm. Sie widmeten sich der deutschen Sprachwissenschaft und ihrer Leidenschaft: den Märchen. Das Theatrium Steinau thematisiert mit Die Brüder Grimm nicht nur die Sammlung von Märchen durch die Brüder, sondern zeigt dem jungen Publikum mit geschichtliche Zusammenhängen aus dem Leben der beiden, dass demokratische Prinzipien ein schützenwertes Gut sind.

Seit 2012 stürmt eine junge Generation mit afrikanischem Migrationshintergrund die französischen und europäischen Charts. Sie kombinieren Rap mit afrikanischen Rhythmen und Melodien. Monika Gintersdorfer/La Fleur erforschen in Hybride Transaktionen - un truc d'ouf diese franco/deutsch/afrikanischen Popmilieus und bringen die verborgene politische Dimension dieses Lebens- und Kulturentwurfs zum Vorschein.

Kein Kläger von Querspur. Verein zur Förderung soziokultureller Aktivitäten mit dem Medium Video e.V. ist eine interaktive Performance, die an Münchner Originalschauplätzen 3D animierte Zeitzeugenberichte von NS-Verfolgten auf von Schauspielern dargestellte NS-Juristen treffen lässt. Im Zentrum steht dabei die Frage, welche Rolle die Justiz künftig bei der Aufarbeitung rechter Gewalt für die Hinterbliebenen und für die gesamte Gesellschaft spielt.

KEINE AHNUNG ist eine performative Arbeit mit der Nele Stuhler anhand der Figur der Kassandra, den Umgang mit der Ahnungslosigkeit gegenüber der eigenen Vergangenheit und Herkunft, den Anforderungen der Gegenwart und der eigenen Identität untersucht. Daraus findet sie für die Herausforderungen der Zukunft eine performative Sprache des Nicht-Wissens und schafft einen Raum für Scham, Angst und Unwissen.

Der blinde Straßenkünstler Moondog, der auf selbstgebauten Instrumenten spielte, war zwischen 1948 und 1972 mit seinem nordischen Kostüm ein Phänomen in Manhattan. Vom obdachlosen Autodidakten zum international anerkannten Künstler, prägte er Musiker*innen, wie Tom Waits oder Laurie Anderson. Anlässlich seines 20. Todestages will sich This Machine Kills in MOONDOGGING mit dem Ausnahmemusiker auseinandersetzen.

Mit dem Format der PP-News, macht die ARMADA OF ARTS 2019 ein überraschendes kritisch-künstlerisches Angebot in Dresden: Puppen berichten auf Spaziergängen und Guerilla-Story-Walks – in Kurzgeschichten verpackt – zu tagespolitischen Themen an ausgewählten Orten der Stadt. Sie führen durch den öffentlichen Raum Dresdens, entdecken und behaupten diesen in Zeiten von menschenverachtender Meinungsmache.

Schulausflug - Ein Audiowalk zurück in die Schule von Hain/Kapsner/Mahlow/Romanowski ist eine Expedition in die Herderschule in Frankfurt a.M. und erkundet mit literarischen Texten das Bildungssystem. Bei der ortsspezifischen Inszenierung wird die Schule zur Bühne, Schüler*innen und Lehrer*innen sind Agierende und Publikum zugleich. Sie hören Erzählmomente und Klangcollagen zu Form und Erfahrung des Bildungssystems.

TEUTONA von Oliver Zahn / HAUPTAKTION setzt sich mit dem Imaginieren von Zukunft auseinander. Die Vorstellung wird aufgezeichnet und parallel werden alle Videos vergangener Vorstellungen projiziert. Das eigentliche Stück findet im Zusammenspiel dieser verschiedenen Zeitebenen statt: Ziel ist dabei eine kritische Betrachtung möglicher Zukünfte und ihrer Konsequenzen.

Die Performance Wem gehört die Straße? von forum kunstvereint e.V. untersucht die Auswirkungen von sexualisierten Verhaltensvorgaben auf das Selbstbild von Mädchen. Im Übergang zur Pubertät werden geschlechtsspezifische Verhaltensvorgaben und Einschränkungen sehr explizit. Teenager sind damit oft überfordert, weshalb das Stück Mädchen wie auch Jungen einlädt, gemeinsam ihre erfahrenen Rollenrestriktionen zu diskutieren.  

Zum 30 jährigen Jubiläum des Mauerfalls entwirft Lea Connert in Wir treiben die Liebe auf die Weide ein dokumentarisches Theaterstück, das in Form eines Konzerts das reichhaltige und musikalisch einzigartige Erbe der Pop-, Jazz- und Rockszene der ehemaligen DDR beleuchtet. 10 ausgewählte Songs werden dafür re-interpretiert und mit Interviews, Protokollen der staatlichen Prüf-Kommission und Zeitzeugen-Berichten kontextualisiert.

!Woman With Stones! von Caroline Creutzburg geht der Frage nach: „Was kann Drag sein?“ jenseits der Stereotype binärgeschlechtlichen Drags experimentieren Performer_innen mit der Verwandlung des „Originalkörpers“. Ein Wechselspiel zwischen dem Heraustreten und Verschwinden der grotesken Identitätenansammlung charakterisiert diese Performance.