Kunst kennt keine Sprachbarrieren

Von David P. Fischer

Im Projekt „Think common – play common” – gefördert durch den Fonds Darstellende Künste im Programm GLOBAL VILLAGE KIDS – trafen Kinder mit Fluchterfahrung aus unterschiedlichen Herkunftsländern aufeinander. David P. Fischer, ein Teammitglied von Stadt|Raum|Museum e.V., berichtet.

In einer zunehmend digitalen Welt erscheint die Fülle an Informationen, der auch Kinder und Jugendliche heutzutage ausgesetzt sind, wie undurchdringliches Dickicht in den Wäldern der Medienlandschaft.

Im Projekt „Think common – play common” stand das Ziel im Vordergrund, sich auf eine gemeinsame Reise durch dieses Dickicht zu begeben. Über den Zeitraum von drei Monaten führte der Verein Stadt|Raum|Museum e.V das Projekt in der Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete des Evangelischen Jugend- und Fürsorgewerks im Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf durch und bildete dabei mit dem Fürsorgewerk und dem Verein NESWA e.V. ein Bündnis für Bildung. Der Verein Stadt|Raum|Museum e.V. führt seit 2017 partizipative Kulturprojekte in Berlin und an weiteren Standorten durch. Dabei stehen Self-Empowerment und Selbstwirksamkeit der teilnehmenden Kinder und Jugendlichen im Vordergrund.

Insgesamt konnten etwa 30 Kinder und Jugendliche der Einrichtung erreicht werden. Die Teilnehmenden im Durchschnitt zwischen 8 und 10 Jahren alt, entstammten dabei unterschiedlichsten Herkunftssituationen und Herkunftsländern, kamen beispielsweise aus Syrien, Weißrussland, Kurdistan, Georgien, Mazedonien, Moldawien und Afghanistan.

Gemeinsam sollte die eigene Herkunft und Lebensraum beleuchtet und Gemeinsamkeiten in Wünschen, Vorstellungen und Träumen ermittelt werden. Während die Teilnehmenden zu Beginn über einfache schauspielerische Interaktion, Tanz und Performance eingeladen waren, in ihre eigenen Fantasien einzutauchen und diese zum Ausdruck zu bringen, wurden unterschiedliche Formen und Möglichkeiten vorgestellt und ausprobiert. Bei pantomimischen Übungen in der Anfangsphase des Projekts konnte eines beispielsweise schnell verdeutlicht werden: Unabhängig von den unterschiedlichsten Herkunftssituationen der einzelnen Teilnehmenden – Schauspiel und Kreativer Ausdruck kennen keine Sprachbarrieren.

Im weiteren Projektverlauf rückte auch die multimediale Welt immer stärker in den Fokus des Projektgeschehens. Die Räume der Gemeinschaftsunterkunft wurden zum fiktiven Nachrichtenstudio und gemeinsam wurden aus den Träumen und Wünschen der Kinder und Jugendlichen Geschichten entwickelt, die als positive News zum Bestandteil der eigenen Nachrichtensendung wurden. Hier wurden die Geschichten lebendig, mit den Teilnehmenden als Autor*innen, Schauspieler*innen und Regisseur*innen ihrer eigenen visionären Welten.

Ein Gruppe von Kindern mit selbstgebastelten Papiermasken führt eine Choreografie vor. © privat

Doch dieses Projekt war mehr als nur künstlerische Inszenierung. Bewusst wurden Good News in den Fokus der gemeinsamen Nachrichten gerückt, um den Teilnehmenden – allesamt Kinder und Jugendliche mit Fluchterfahrung – den Umgang mit digitalen Informationen zu erleichtern.

Im Zuge der Arbeit konnte immer wieder deutlich gemacht werden, dass die Kinder und Jugendlichen bereits selbst im realen Leben Medienmacher*innen sind und selbst aktiv zur Verbreitung von Informationen und Meinungen beitragen. Fast jedes Kind besitzt heute ein Smartphone und nutzt Social Media – Kanäle wie TikTok oder Instagram, um eigene „Informationen“ zu teilen und fremde zu konsumieren. Die Vielfalt der Medien und der Umgang mit Fake News wurden zu Schlüsselthemen, während auch Fragen nach Meinungsmanipulation und der Überprüfbarkeit von Informationen aufgegriffen wurden.

Praktische Übungen vor und hinter der Kamera halfen dabei, die eigenen Produktionen in der digitalen Welt künftig professioneller zu gestalten und neue Möglichkeiten zu finden, sich selbst auf darstellende Weise auszudrücken. Sei es durch die Arbeit mit der eigenen Stimme, das Betonen von Mimik und Gestik oder die bewusste Inszenierung von Bildkompositionen.

Die Umsetzung der Videoproduktionen erfolgte bewusst spartanisch. Ausgehend von der Tatsache, dass Medienmachen heute eben auch für Kinder und Jugendliche mit einfachen Smartphones möglich ist, wurde auf den Einsatz teuren Equipments weitestgehend verzichtet.

Vor der Kamera wurden die gesammelten Ideen der Teilnehmer*innen in die Tierwelt verlagert, was den Kindern und Jugendlichen zusätzlich die Möglichkeit bot, im (Schau)Spiel gänzlich in eine andere Rolle einzutauchen. Notwendige Masken wurden gemeinsam künstlerisch gestaltet und ebenso künstlerisch ging es an die Gestaltung etwaiger Storyboards für die zuvor entwickelten Geschichten. Benötigte Hintergründe wurden per Greenscreen in die Handlung integriert.

Einen Blick auf die Geschichte und die Funktionsweise des Films konnten die Teilnehmenden zudem während eines Besuchs des Deutschen Kinematik Museums am Berliner Potsdamer Platz und während eines Kinobesuchs erlangen.

Eine Gruppe Kinder in einem verspiegelten Raum im Museum. © privat

Zum Highlight für die Teilnehmenden wurde zu guter Letzt die Abschlusspräsentation mit Freund*innen und Eltern der Beteiligten. Hier erfuhren die Kinder und Jugendlichen Stolz und Anerkennung ihrer Angehörigen für ihre Mitwirkung am Projekt und die erzielten Ergebnisse. Die Vorführung des entstandenen Films wurde zudem in einem weiteren Termin in der Unterkunft wiederholt und die Arbeit so einem noch breiteren Publikum zugänglich gemacht.

Mit GLOBAL VILLAGE KIDS fördert der Fonds Darstellende Künste Projekte an der Schnittstelle von Darstellenden Künsten und Kultureller Bildung in ländlichen und digitalen Räumen, finanziert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen von "Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung".

Das Projekt „Think common –play common“ fand im Sommer 2023 in Berlin mit Kindern und Jugendlichen zwischen 8 und 10 Jahren statt.