Transnationale Performance Gruppen – Langlebigkeit und Verantwortung

Diese Seite gibt einen Einblick in die Ergebnisse des Labors „Transnationale Performance Gruppe - Langlebigkeit und Verantwortung" von Gintersdorfer und Klaßen.

Vorschlagskatalog:

aus der Perspektive transnationaler Theater und Performance Gruppen:

Um unter Künstler*innen solidarischer arbeiten zu können und Ressourcen nachhaltig zu teilen, brauchen wir:

1. Zugang zu Proberäumen mit kostenloser Nutzung - Selbstverwaltung von Künstler*innen (unbürokratisch und schnell)

wir brauchen viele zusätzliche Proberäume, die nicht an die Theaterinstitutionen gebunden sind, damit die Bedürfnisse verschiedenster Künstler*innen gedeckt werden können und nicht zu viel Vorlauf für die Planung nötig ist. Dafür sollten Städte und Kommunen flexibel mit ihren Leerständen umgehen und Räume unbürokratisch kostenlos und temporär zur Verfügung stellen, Privateigentümer*innen sollten dazu gebracht werden, mit Leerständen generöser umzugehen, Raumbesetzungen können ein wirksames Mittel sein, um daran zu erinnern, dass Ressourcen der Gemeinschaft nicht entzogen werden sollten und Nutzungen sehr interessant sein können (Eigentum verpflichtet) es ist nachhaltiger Bestehendes zu nutzen, anstatt es verrotten oder als Spekulationsobjekt zu nutzen Kleine, notwendige Renovierungsarbeiten sollen gefördert und abgerechnet werden können (Förderinstitutionen), wenn dadurch geteilte, nutzbare Arbeitsräume entstehen Folgen: Künstler*innen gewinnen an künstlerischer Freiheit, Kontinuität, wenn die Ressource Proberaum gesichert ist und solidarisch geteilt wird - denn niemand braucht einen Raum 24 stundenlang am Tag. So können Künstler*innen leichter Zeiträume überstehen, in denen sie keine Förderungen bekommen. Unnötige Unterbrechungen der künstlerischen Arbeit werden vermieden, An- und Abreisen werden reduziert, Reisekosten gespart, Flugreisen vermindert

2. Zugang zu günstigen oder kostenlosen Gästewohnungen

Unmengen an Geldern werden in Hotels verpulvert, um Künstler*innen während Gastspielen oder Proben unterzubringen. Besser wäre, wenn die (Theater)Institutionen grundsätzlich Gästewohnungen hätten, die sie Künstler*innen während Proben, Aufführungen und zur Überbrückung von kostenlos zur Verfügung stellen wie einige es schon tun. Noch besser wäre, wenn Künstler*innen direkten, kostenlosen Zugang zu Gästewohnungen hätten - transnationale Gruppen brauchen ständig Wohnraum für Gruppenmitglieder - und sich untereinander austauschen, wer, wann etwas braucht. Städte und Kommunen sollen helfen, diese Wohnungen zu bekommen Nachhaltiger wäre es, wenn Gruppen in langfristige Anmietungen oder sogar Käufe investieren könnten anstatt kurzfristige überteuerte Angebote wahrzunehmen - diese Kosten müßten bei Förderern abrechenbar sein. Mehrer Künstler*innengruppen könnten sich Wohnungen teilen und für eine ihren Bedürfnissen wirklich entsprechende Ausstattung sorgen Folgen: dadurch das Wohnraum zur Verfügung stünde, würden unnötige Reisen vermieden (besser fürs Klima) und kontinuierliches Arbeiten möglich - unnötige Hotelkosten vermieden

3. Investitionsmöglichkeiten - 10% der Förderung sollten den Bedürfnissen der Gruppen entsprechend eingesetzt werden können

Bisher dürfen Künstler*innen von ihren Förderungen nur in kleinem Rahmen Anschaffungen tätigen oder gar in ihre Zukunft investieren. Förderungen sind häufig auf ein Projekt und einen Zeitraum begrenzt. So werden Künstler*innen Regeln unterworfen, die nur begrenzt für ihre Arbeit und Entwicklung Sinn machen und werden strengstens in ihren Ausgaben kontrolliert. Damit wird es sehr schwierig vorzusorgen, wir sollten fragen: was brauchen wir Künstler*innen wirklich, um längerfristig arbeiten zu können und nicht jedesmal wieder bei Null anzufangen. Wie können wir Gruppenmitgliedern in Notsituationen helfen (Notfalltopf), wie können wir bei Krankheit und Alter innerhalb der Gruppe solidarisch sein und dafür Gelder einsetzen, wie können wir in Anschaffungen, Mieten ähnliches investieren, um die Arbeit auch in schweren Zeiten fortzusetzen? Warum dürfen wir keinen unternehmerischen Geist im Sinne einer Investition entwickeln? Wie wäre es, wenn die Gruppen über 10% ihrer Fördersumme frei verfügen könnten? Je nachdem, wie es für sie richtig ist, investieren sie auch diese 10% in die aktuelle Stückproduktion oder wenden sie für etwas anderes auf. Was sie am dringendsten brauchen, ist bei jeder Gruppe anders, sollte also nicht zu sehr festgelegt werden. 10% frei einsetzbar! Folgen: Künstler*innen können stärker auf die tatsächlichen Bedürfnisse reagieren anstatt Regularien zu erfüllen.

4. Entbürokratisierung und Vereinfachung der Abläufe - Wie könnte das Minimum der Fragen und auszufüllenden Felder aussehen, damit gefördert oder eine Aufführung gezeigt werden kann?

Frei schaffende Künstler*innen müssen ca. alle 2-3 Monate einen Antrag stellen, damit sie überhaupt weiter existieren können, und falls sie Erfolg hatten, folgt die Abrechnung und Auswertung. Sie füllen unzählige Formulare aus, die von Förderern und Institutionen an sie geschickt werden. Viele dieser Fragen sind für ihr Projekt nicht relevant oder dienen statistischen Zwecken. Sollten Künstler*innen dem administrativen Aufwand nicht gewachsen sein, haben sie mit Rückzahlung der Gelder an Förderer und der Haftung für hohe Summen zu rechnen. Steuererklärungen von freiberuflichen Künstler*innen bei ständig wechselnden Projekten sind äußerst aufwendig und kompliziert. Wir brauchen Vereinfachung!! Zur Zeit gibt es viel Verantwortung, die psychologischen Druck erzeugt, bei wenig Mitbestimmung über die Ressourcen.

5. Mehrsprachigkeit bei Förderanträgen, Mehrsprachigkeit in den Theaterbüros, wo sind unsere Gastgeber*innen?

Nichtdeutschaprachige Künstler*innen werden benachteiligt, wenn Informationen nicht in mehreren Sprachen zugänglich sind. Die technischen Möglichkeiten für mehrsprachige websites, Förderanträge usw. bestehen längst. Es wäre hilfreich, wenn es eine Willkommenskultur in Theatern, Institutionen und Behörden gäbe, in denen nicht-deutsch-sprachige Künstler*innen beraten und unterstützt werden.

6. Vehementer Protest von Seiten der künstlerischen Institutionen und Künstler*innen gegen die Diskriminierung nicht-europäischer Künstler*innen bei Visa- und Aufenthaltsbestimmungen, die ihre Mobilität zutiefst einschränken

Wie können wir wirkungsvollen Protest gegen die derzeit angewandten Reise- und Aufenthaltsbestimmungen organisieren? Schon viel zu lange wurden die Einschränkungen hingenommen und nicht skandalisiert. Internationale Zusammenarbeit ist so nicht unter fairen Bedingungen möglich.

7. Residenz und Rechercheförderungen beibehalten

Die während Corona entwickelten oder ausgebauten Residenz- und Rechercheförderungen haben sich als äußerst wirksames Förderinstrument erwiesen, um mehr Künstler*innen zu fördern und flexibler auf eingeschränkte oder sich verändernde Arbeitsbedingungen zu reagieren. Zeiträume können viel sinnvoller und im Hinblick auf eine langfristige künstlerische Entwicklung gestaltet werden.