UND JETZT – Ein Abend über die Zukunft des Theaters
Diese Seite gibt einen Einblick in die Ergebnisse des Labors „UND JETZT – Ein Abend über die Zukunft des Theaters“ von Richard Gregory und Quarantine.
Ausgangsfrage(n) & -hypothese
Die Ausgangshypothese des Labs UND JETZT verortet das, was Theater nach der Erfahrung der Pandemie braucht, an der Schnittstelle zwischen Care (Sorge) und Risiko. Dafür begaben sich Richard Gregory (Quarantine) zusammen mit Leentje van de Cruys, Christiane Kühl und Temye Tesfu auf die Suche nach 100 Fragen, welche im Kern die Frage in sich tragen: Was ist Theater? Die momentane Krisenhaftigkeit des Theaters, ausgelöst durch die komplette Abwesenheit jeglicher körperlichen Begegnung zwischen Künstler*innen und Publikum während der Zeit des Lockdowns und die aktuelle Schwierigkeit, dass das Publikum noch nicht in der alten Form zurückgekehrt ist, stehen im Zentrum des performativen Labs. Statt Ergebnisse werden Denkprozesse und Relationen präsentiert; die 100 Fragen, die wir im Lab gestellt haben, kreisen assoziativ um das Thema des Zusammenkommens und Zusammenlebens - innerhalb und außerhalb des Theaters. Die Begegnungen, die während der Pandemie gefehlt haben, die Lücken und Leerstellen in uns, welche durch diese Abwesenheit entstanden sind, versuchen nun ein mögliches (post-)pandemische Theater neu zu definieren.
Format & Umsetzung
Gemeinsam mit Richard Gregory von Quarantine haben wir 11 Zuschauer*innen und 11 Künstler*innen für unser UND JETZT Lab eingeladen. Von den Zuschauer*innen gehen manche mehr, manche weniger oft, manche gar nicht (mehr) ins Theater. Die Künstler*innen setzen sich aus der bundesweiten freien Szene, Positionen unseres HundertPro Festivals und aus Postionen aus dem Kontext des Impulse Theater Festivals zusammen.
Am Ende einer Recherchewoche und im Folge eines dreitägigen Workshops wurden von drei Moderator*innen an einem öffentlichen Abend 100 Fragen gestellt, die von den 11 anwesenden Künstler*innen und 11 Zuschauer*innen live beantwortet wurden. Die Fragen decken ein großes Spektrum ab, denn sie zielen zunächst auf den alltäglichen Lebensbereich und -erfahrungen. Mit der trivialen Frage "Wie geht’s?" werden zu Beginn Themen eingeleitet, die sich rund um Zugehörigkeit, Identität, Temporalität, Erinnerungen und nicht zuletzt das Theater selbst bewegen. In Folge der performativen Verhandlung entfaltetet sich eine komplexe relationale Situation, innerhalb der die Fragen immer mehr auf den Kern der Verhandlung zusteuerten: Was ist Theater? Wozu Theater? Was braucht Theater?
Fazit- & weiterführende Frage(n)
Die gemeinsame Zeit, die die Teilnehmer*innen (Künstler*innen und Zuschauer*innen) verbracht haben, hat zum einen Neu- bzw. Umdenken der jetzigen Theatersituation geführt. Die Reflexion über das Vergangene, das immer noch Präsente aber vor allem mit Blick auf das Kommende wurde mittels der 100 Fragen vollzogen. Ohne den Anspruch nach festen und starren Antworten zu erheben und durch die sorgfältige und intensive Arbeit zwischen den zwei Gruppen (Künstler*innen und Zuschauer*innen) wurde eine offene und engagierte Recherche initiiert. Die Verbindung dieser Reflexion über das was passiert ist, gerade passiert und passieren wird mit dem Teilen eines physischen, analogen Raumes hat sich als fruchtbar erwiesen. Verschiedene Lebensrealitäten haben es geschafft sich anzunähern, sich zu begegnen, sich zu ent-decken. Darüberhinaus sind durch die Begegnung tatsächliche Beziehung initiert worden, einige davon wahrscheinlich nur temporär, manche vielleicht nachhaltiger.
Was das Theater jetzt braucht, jetzt wo das Publikum versucht, zurückzukehren, ist eine Bilanz von Care (Sorge) und Risiko. So formuliert es Richard Gregory am Ende des Labs. Das gegenseitige Unterstützen soll aber nicht auf einer theoretischen Ebene bleiben, sondern Teil der Praxis werden, welche auch keine Risiken scheut. Der Zugang zu den (monetären) Ressourcen, Infrastrukturen und überhaupt zur jeglicher Form einer Bühne ist auch im (post)-pandemischen Theater Vorraussetzung, für seine Existenz. Gregory erinnert zudem daran: "Zu Beginn der Pandemie blieb plötzlich alles stehen. Für ein Moment dachten wir, jetzt ist alles möglich. Warum versuchen wir gerade im Theater so schnell wie möglich zur alten Normalität zurückzukehren, anstelle uns auf das Momentum zu besinnen, für die Chance, für das wir die Pandemie auch gehalten haben?"