Arbeit und Förderung der Freien darstellenden Künste in Zeiten von Covid-19

Vortrag beim Symposium „Transformationen der Theaterlandschaft"

Dr. Aron Weigl, EDUCULT Wien
Im Auftrag des Bundesverbands Freie Darstellende Künste

Exposé

Mit der Covid-19-Pandemie hat sich die Vulnerabilität des künstlerischen Arbeitens in der Gesellschaft gezeigt. Ziel der Studie ist deshalb die Feststellung des Status Quo der Akteur*innen, ihrer Arbeitsweisen und des Fördersystems vor und während der Pandemie insbesondere in den Bundesländern. Auf dieser Basis werden Problemstellen identifiziert und Zukunftsvisionen einer zukünftigen Förderpraxis entwickelt.

Hierzu wurden Gutachten, Haushalte und weitere Dokumente analysiert und Interviews mit Vertreter*innen von Landesverbänden der Freien Darstellenden Künste und Kommunen geführt. Außerdem fand im Frühjahr 2021 eine Online-Umfrage unter 465 Mitgliedern und Nicht-Mitgliedern der Landesverbände statt.

Insgesamt hat sich die Fördersituation für die Freien Darstellenden Künste seit 2016 deutlich verbessert. Dabei geht es vor allem um Budgeterhöhungen, eine Ausdifferenzierung der Förderinstrumente und Anpassungen von Förderrichtlinien. In 14 von 16 Bundesländern kam es zu Erhöhungen der Förderbudgets für die Freie Szene. Der Umfang der Erhöhungen divergiert dabei zwischen den Bundesländern zum Teil erheblich. Zudem fand in 10 von 16 Bundesländern eine Ausdifferenzierung des Förderinstrumentariums statt. Es wird deutlich, dass die Arbeit der Landesverbände einen entscheidenden Anteil an der Realisierung und Ermöglichung dieser Verbesserungen hatte.

Diese Änderungen konnten die Herausforderungen der Pandemiezeit allerdings nur bedingt abfedern. Wie die Befragung ergeben hat, schätzten die Akteur*innen ihre eigene wirtschaftliche Situation ein Jahr nach dem Beginn der Pandemiemaßnahmen mehrheitlich als schwieriger ein. Hauptverantwortlich sind die einschränkenden Maßnahmen, die zu einem starken Rückgang an Veranstaltungen geführt haben. Fast die Hälfte der befragten Akteur*innen mussten ihr Erspartes zur Bewältigung der Krise nutzen. Für viele bedeutete das eine Reduktion ihrer Alterssicherung.

Die Reaktion der Bundesländer auf die Krise fiel im Umfang unterschiedlich aus. Die Unterstützungsformate waren sich jedoch sehr ähnlich. In vielen Ländern kam es zu gelockerten Umsetzungen von Förderrichtlinien. Stipendienprogramme haben sich als Instrument der Zeit erwiesen, um einen großen Teil der Akteur*innen bestmöglich zu fördern. Dabei wurde allerdings selten trennscharf zwischen Programmen zur sozialen Absicherung und zur Kunstförderung unterschieden.

Auf Bundesebene haben umfängliche Förderprogramme so viele Akteur*innen unterstützt wie noch nie zuvor, hier vor allem das zielgruppenspezifisch ausdifferenzierte #TakeThat-Programm des Fonds Darstellende Künste. Sie haben stark dazu beigetragen, dass die Freien Darstellenden Künste die Krise bis Herbst 2021 überstehen konnten und können auch zukünftig stabilisieren.

Kritisch war die Situation trotz allem für Soloselbstständige, die bislang nicht antragsorientiert gearbeitet, sondern sich v.a. über Eigeneinnahmen durch Veranstaltungen finanziert haben. Im Vergleich zu entwicklungs- und produktionsorientiert arbeitenden Akteur*innen befanden sich hier deutlich mehr in einer wirtschaftlich schwierigen Lage.

Die Meinung der Akteur*innen zur Digitalisierung in den Freien Darstellenden Künsten ist gespalten. Ein größerer Teil ist sich unschlüssig, wie damit in Zukunft umzugehen wäre. Digitalität wird für die Entwicklung eines eigenen Genres digitaler performativer Kunst als sinnvoll erachtet, weniger für die bisherigen künstlerischen Formen. In jedem Fall geht es um die Schaffung eines sozialen Raumes, ob digital oder analog.

Vernetzung ist das Gebot der Stunde, um voneinander zu lernen, gegenüber Kulturverwaltungen geeinter aufzutreten und die Förderinstrumente auf Basis der Arbeitsweisen zu entwickeln – nicht umgekehrt. Der Austausch mit der Administration und der Politik hat in der Pandemie zugenommen, was als sehr positiv wahrgenommen wurde und als wichtiger Impuls für die Zukunft mitzunehmen wäre.

Die Nachhaltigkeit des Fördersystems gilt es zu verbessern, um die Szene krisenresistenter zu machen. Das gelingt über mehrjährige Förderungen und ergebnisoffene Stipendienprogramme. Entscheidend für die finanzielle Absicherung ist es, eine Einkommenskontinuität herzustellen. Sinnvoll wäre hierfür eine Grundförderung, die Personalkosten ohne Produktorientierung sicherstellt und mit Projekt- und Strukturförderungen verzahnt ist. Das kann nur eine ganzheitlich gedachte Kulturpolitik leisten, die auf Entwicklungs- und Planungsprozessen aufbaut und die verloren gegangene Wertschätzung für die freien darstellenden Künste wiederherstellt.

Beteiligte