Kooperation Macht Arbeit. Förderung von Kooperationen in den Freien Darstellenden Künsten

Vortrag beim Symposium "Transformationen der Theaterlandschaft"

Prof. Dr. Veronika Darian, Dr. Melanie Gruß, Athalja Haß, Verena Sodhi, Universität Leipzig

Exposé

Kooperationen sind gestaltbares Aushandlungsfeld der Freien Darstellenden Künste. Unter den Vorzeichen krisenhafter Zustände und globaler (technologischer, sozialer, medialer, ökonomischer, ökologischer etc.) Entwicklungen sind sie Gradmesser und Testraum der aktuellen gesellschaftlichen sowie kulturpolitischen Situation und der darin verankerten Theaterlandschaft. An konkreten Kooperationsbeziehungen und ihrer Förderung lassen sich die Bedeutung von historisch gewachsenen Räumen und die Abhängigkeit der jeweiligen Kooperationspartner*innen von arbeitsbiografischen, sozialen, politischen und ortsspezifischen Faktoren sehr genau ablesen. Darin wirken unterschiedliche Entwicklungen der Freien Darstellenden Künste u.a. in urbanen Kontexten, strukturschwachen Regionen und peripherisierten ‚Räumen‘ in Ost- und Westdeutschland bis heute nach und werfen Fragen nach Machtverhältnissen, Zugänglichkeiten, Ressourcenverteilungen und Bedarfen auf. In Fokusgruppengesprächen, Expert*innen-Interviews sowie einer Umfrage mit 445 Künstler*innen und Produktionsorten wurde im Praxisabgleich nach Bedeutung, Ausgestaltung und Effekten von Kooperationen und bereits existierenden Kooperationsförderprogrammen gefragt.


So sind auch Fördermaßnahmen der gegenwärtigen Krisensituation und deren Erfolg auf die Existenz bzw. das Fehlen kooperativer Beziehungen, Strukturen und Arbeitsweisen aus der Zeit vor der Krise zurückzuführen. Wo kooperiert wird, stärkt es die Freien Darstellenden Künste. Wo Kooperation gefördert wird, vervielfacht sich dieser Effekt. Trotzdem ist Kooperationsförderung bisher in den seltensten Fällen als eigenständiges Förderformat umgesetzt. ‚Kern‘-Kooperationen zwischen Produktionshäusern und Künstler*innen müssen mit multilateralen Kooperations-, Netzwerk- und Verbundstrukturen zusammengedacht und auch in der Förderung stärker verzahnt werden. Koproduktions-, Residenz- und Netzwerkförderung gehen bestenfalls Hand in Hand und wirken dabei mittels Wissenstransfers, Weiterbildungsangeboten und Ressourcenbündelung nachhaltig in die Freien Darstellenden Künste hinein. Dass Kooperation auf allen Ebenen künstlerischer Prozesse – ob in Konzeption, Koproduktion oder Koordination – Arbeit ist, sollte anerkannt und diese befördert und bezahlt werden.

Daher lauten unsere Empfehlungen für eine künftige Förderung von Kooperationen:

Erstens: die Etablierung eines eigenständigen Bereichs innerhalb der bestehenden Förderarchitektur, der sich eigens der Kooperationsförderung widmet. Dieser sollte zweitens gegliedert sein in verschiedene Module, die flexibel, angemessen und präzise auf die jeweiligen Bedürfnisse sowie die äußerst unterschiedlichen geschichtlichen, strukturellen, personellen, finanziellen, konzeptionellen etc. Bedingungen reagieren können. Die Förderstrukturen sollten sich außerdem drittens durch jeweils angepasste Zielsetzungen definieren, die eben nicht für alle Partner*innen gleichermaßen relevant sind: Die mögliche Anbahnung von Kooperationen ist dabei ebenso zu berücksichtigen wie Kooperationsarbeit innerhalb künstlerischer Einzelprojekte oder eine infrastrukturelle Kooperationsförderung.

Eine nachhaltige und krisensichere Gestaltung der Theaterlandschaft der Zukunft im gesamten Bundesgebiet wird um lokale Ankerpunkte und überregionale Netze, wie sie Ausbildungs-, Produktions- und Begegnungsorte allein und im Verbund – als Ansprechpartner*innen für Publikum, Künstler*innen und Kulturpolitik gleichermaßen – bilden, nicht umhinkommen. Eingebettet in eine systematisch ineinandergreifende, intelligent aufeinander abgestimmte und miteinander kommunizierende Förderarchitektur zwischen Kommunen, Ländern und dem Bund wäre das ein wichtiger Schritt hin zu einer Ausgewogenheit, Resilienz und Stabilisierung der Freien Darstellenden Künste.

Beteiligte