Kooperation Macht Arbeit. Förderung von Kooperationen in den Freien Darstellenden Künsten
Vortrag beim Symposium "Transformationen der Theaterlandschaft"
Prof. Dr. Veronika Darian, Dr. Melanie Gruß, Athalja Haß, Verena Sodhi, Universität Leipzig
Exposé
So sind auch Fördermaßnahmen der gegenwärtigen Krisensituation und deren Erfolg auf die Existenz bzw. das Fehlen kooperativer Beziehungen, Strukturen und Arbeitsweisen aus der Zeit vor der Krise zurückzuführen. Wo kooperiert wird, stärkt es die Freien Darstellenden Künste. Wo Kooperation gefördert wird, vervielfacht sich dieser Effekt. Trotzdem ist Kooperationsförderung bisher in den seltensten Fällen als eigenständiges Förderformat umgesetzt. ‚Kern‘-Kooperationen zwischen Produktionshäusern und Künstler*innen müssen mit multilateralen Kooperations-, Netzwerk- und Verbundstrukturen zusammengedacht und auch in der Förderung stärker verzahnt werden. Koproduktions-, Residenz- und Netzwerkförderung gehen bestenfalls Hand in Hand und wirken dabei mittels Wissenstransfers, Weiterbildungsangeboten und Ressourcenbündelung nachhaltig in die Freien Darstellenden Künste hinein. Dass Kooperation auf allen Ebenen künstlerischer Prozesse – ob in Konzeption, Koproduktion oder Koordination – Arbeit ist, sollte anerkannt und diese befördert und bezahlt werden.
Daher lauten unsere Empfehlungen für eine künftige Förderung von Kooperationen:
Erstens: die Etablierung eines eigenständigen Bereichs innerhalb der bestehenden Förderarchitektur, der sich eigens der Kooperationsförderung widmet. Dieser sollte zweitens gegliedert sein in verschiedene Module, die flexibel, angemessen und präzise auf die jeweiligen Bedürfnisse sowie die äußerst unterschiedlichen geschichtlichen, strukturellen, personellen, finanziellen, konzeptionellen etc. Bedingungen reagieren können. Die Förderstrukturen sollten sich außerdem drittens durch jeweils angepasste Zielsetzungen definieren, die eben nicht für alle Partner*innen gleichermaßen relevant sind: Die mögliche Anbahnung von Kooperationen ist dabei ebenso zu berücksichtigen wie Kooperationsarbeit innerhalb künstlerischer Einzelprojekte oder eine infrastrukturelle Kooperationsförderung.
Eine nachhaltige und krisensichere Gestaltung der Theaterlandschaft der Zukunft im gesamten Bundesgebiet wird um lokale Ankerpunkte und überregionale Netze, wie sie Ausbildungs-, Produktions- und Begegnungsorte allein und im Verbund – als Ansprechpartner*innen für Publikum, Künstler*innen und Kulturpolitik gleichermaßen – bilden, nicht umhinkommen. Eingebettet in eine systematisch ineinandergreifende, intelligent aufeinander abgestimmte und miteinander kommunizierende Förderarchitektur zwischen Kommunen, Ländern und dem Bund wäre das ein wichtiger Schritt hin zu einer Ausgewogenheit, Resilienz und Stabilisierung der Freien Darstellenden Künste.
Beteiligte
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Prof. Dr. Veronika Darian
Universität Leipzig
© privatProf. Dr. Veronika Darian
Universität LeipzigVeronika Darian ist Juniorprofessorin für Gegenwartstheater in historischer Perspektive mit den Schwerpunkten Transmedialität und Transkulturalität am Institut für Theaterwissenschaft der Universität Leipzig und Vorstandsmitglied des dortigen Centre of Competence for Theatre. Nach einem Studium der Musik- und Theaterwissenschaft, Germanistik und Italianistik in Bonn und Leipzig promovierte sie zum „Theater der Bildbeschreibung“ (München 2011). Weitere Publikationen (Auswahl): „Gestische Forschung. Perspektiven und Praktiken“ (Mithg., Berlin 2020), „Die Praxis der/des Echo. Zum Theater des Widerhalls“ (Mithg., Frankfurt/M. 2015) und „Mind the Map! – History Is Not Given“ (Mithg., Frankfurt/M. 2006). Sie forscht, publiziert und lehrt, zunehmend auch kollaborativ, insbesondere zu Fremdheitsforschung, theaterwissenschaftlicher Alter(n)s- und Dingforschung, Biographie und Narration in Theater, Tanz und Performance, Theater in Gesellschaft(en) in Transformation und „Schauplätzen des Eigensinns“. Die Teilstudie zur Förderung von Koorperationen bearbeitet sie zusammen mit Dr. Melanie Gruß und Verena Sodhi, B.A., mit denen sie u.a. schon zusammengearbeitet hat für die Evaluation des Bündnisses internationaler Produktionshäuser.
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Dr. Melanie Gruß
Universität Leipzig
© privatDr. Melanie Gruß
Universität LeipzigMelanie Gruß ist seit 2018 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Theaterwissenschaft der Universität Leipzig und am Tanzarchiv Leipzig e.V. Sie studierte Theaterwissenschaft, Psychologie und Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft in Leipzig und Paris. Mit der Dissertation „Synästhesie als Diskurs. Sehnsuchts- und Denkfigur zwischen Kunst, Medien und Wissenschaft" promovierte sie 2015, unterstützt durch ein Stipendium des Freistaates Sachsen. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Theater-, Tanz- und Kulturgeschichte der Moderne, Verknüpfungen von Bewegungs- und Wissenskulturen sowie Schnittstellen zwischen den Künsten, Medien und Wissenschaften. Neben der Lehre am Institut für Theaterwissenschaft ist sie aktuell in diverse Projekte eingebunden (Evaluation des Bündnisses internationaler Produktionshäuser, Aufbau der NFDI4culture, Tanz digital) und arbeitet an einem eigenen Forschungsprojekt zur Geschichte des Tanzarchivs Leipzig und der Tanzforschung in der DDR.
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Verena Sodhi
Universität Leipzig
© privatVerena Sodhi
Universität LeipzigVerena Sodhi absolvierte eine Ausbildung zur Bühnentänzerin und Tanzpädagogin am Ballettförderzentrum in Nürnberg mit dem Schwerpunkt klassisches Ballett. Aktuell studiert sie im Masterstudiengang Theaterwissenschaft transkulturell an der Universität Leipzig. Sie arbeitet seit 2019 für das Tanzarchiv Leipzig e.V. u.a. an der Evaluation des Bündnisses internationaler Produktionshäuser, sowie als studentische Hilfskraft am Institut für Theaterwissenschaft. Seit mehreren Jahren unterrichtet sie Kurse in klassischem Ballett, Kindertanz und Modern Jazz. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Tanzforschung und -vermittlung, sowie zeitgenössischen Theater- und Performanceformaten.